Meditation

Meditation

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Me|di|ta|ti|on 〈f. 20
1. religiöse Versenkung
2. tiefes Nachdenken, sinnendes Betrachten
[<lat. meditatio „Nachsinnen, Denken“]

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Me|di|ta|ti|on, die; -, -en [lat. meditatio = das Nachdenken, zu: meditari, meditieren]:
1. (bildungsspr.) [sinnende] Betrachtung:
religiöse -en;
in M. versinken.
2. (Rel., Psychol., Philos.) mystische, kontemplative Versenkung.

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I
Meditation,
 
ursprünglich religiös motivierte Versenkungsübung, um mithilfe körperlicher Entspannung, Schweigen und Ähnlichem und gleichzeitiger geistiger Anspannung Gelassenheit und innere Ruhe zu erlangen, die individuellen Anliegen auszuschalten, um die gewöhnlichen Erfahrungsgrenzen zu überschreiten und mit der Wirklichkeit, dem Absoluten (Gott) eins zu werden. Meditation tritt in allen Kulturen, aber in sehr unterschiedlichen Formen auf.
 
Am bekanntesten sind die Verfahren aus dem Zenbuddhismus sowie aus dem Hinduismus (Yoga, transzendentale Meditation), bei denen der Meditierende in einer bestimmten Körperhaltung (meist Lotushaltung) sich ganz auf bestimmte Atembewegungen, ein bestimmtes Klangwort (Mantra) oder einen paradoxen Sachverhalt (Koan) konzentriert. Dabei können unter entsprechender individueller Anleitung und Übung seelische Ausnahmezustände erreicht werden, die eine bessere Bewältigung innerer Schwierigkeiten (z. B. bei Angst, Konzentrationsmangel) ermöglichen; daher werden Meditationsverfahren auch in der Psychotherapie verwendet. Meditation kann aber auch zu Passivität und zur Flucht aus einer als unbefriedigend erlebten Wirklichkeit verleiten.
 
II
Meditation
 
[lateinisch meditatio »das Nachdenken«] die, -/-en, eine in vielen Religionen und Kulturen praktizierte Besinnung oder Sammlung des Individuums; eine Abwendung von der Betriebsamkeit der Außenwelt hin zur Innerlichkeit mit dem Ziel, der wahren Wirklichkeit, des eigentlichen Grundes der wechselnden und zufälligen Erscheinungsvielfalt der Welt innezuwerden. Insofern dieser angestrebte Zustand oft mit Begriffen wie Kontemplation oder (mystische) Ekstase bezeichnet wird, gewinnt die Meditation den Charakter einer Vorstufe (dieser Zustände), die teilweise noch Reste diskursiven Denkens oder Nachdenkens, andererseits aber auch eine »über-rationale« Bewusstheit ungegenständlicher Art oder bildhafter Schau kennt, aber noch nicht das Stadium äußerster Identitätserfahrung erreicht hat. Ungeachtet ihres unterschiedlichen religiösen oder kulturellen Rahmens beinhaltet Meditation immer einen asketischen, menschlichen Selbstdisziplinierung voraussetzenden Übungsweg und eine zu erlernende und in Stufen zu höherem Können führende Technik. Das Ziel wird einerseits in der Meditation an sich - als einer hohen Form menschlicher Lebensgestaltung - gesehen, andererseits in der Erfahrung einer außerhalb des gegenständlichen Bewusstseins liegenden transzendenten Wirklichkeit (bezeichnet als das »Göttliche«, das »Eine« oder das »Nichts«), die als Grund auch der menschlichen Existenz angesehen wird. Dieses Ziel wird - häufig erst nach langjähriger meditativer Vorbereitung - »plötzlich«, in einer das Subjekt und die gesamte Weltwirklichkeit durchbrechenden Form als »Erleuchtung« erfahren (z. B. im Christentum die Unio mystica, im Buddhismus und Hinduismus das Nirvana).
 
Zu den Meditationstechniken zählen Sitzhaltungen, Körperübungen, Atemkontrolle, Übungen der Konzentration (z. B. auf einen Gegenstand oder ein Wort, u. a. im Sinne einer systematisch fortschreitenden Abstraktion; auf eine sinnlos erscheinende Aussage, Kōan; Wiederholung einer heiligen Silbe oder Formel, Mantra; Visualisierungen) und des Rückzuges von der Bilderwelt des Bewusstseins (ungegenständliche Meditation). Die Kontrolle des Körpers, der Seele und des Denkens soll zum »Loslassen«, zur »Durchlässigkeit« des Meditierenden für die Erfahrung der Wahrheit führen.
 
Die unterschiedlichen Formen der Meditation lassen sich zwei Typen zuordnen, die sich wechselseitig beeinflusst und zum Teil miteinander vermischt haben. In (pantheistisch-)monistischen Kontexten soll durch Meditation ein Weg zur Erfahrung einer letzten Identität des Menschen mit der Alleinheit (»Gott«) beschritten werden, der aus der ablenkenden oder auch leidvollen Vielheit und der Bindung an die Geschichte herausführt. Diesen Typ bildeten v. a. die östlichen Weltreligionen aus: In der Upanishadentheologie Indiens ist Meditation unverzichtbar zur Überwindung des Kreislaufs der Existenzen und des Karmagesetzes (Karma), sodass der Meditierende schließlich erfahren kann: »Du bist das All«. Diese Tradition wurde im späteren Hinduismus in verschiedenen Schulen weitergepflegt und bald mit der Yogatechnik verbunden, die über eine völlige Beherrschung des Körpers und psychischer Techniken zur Lösung von der Geschichte und zu einer Identitätserfahrung führen soll. Als siebte Stufe des »achtteiligen Heilspfades« soll Meditation im Rahmen des buddhistischen Erlösungsweges zur Erkenntnis der »vier edlen Wahrheiten«, also der Notwendigkeit einer Lösung von allen Bindungen an das leidvolle Leben und besonders an die Scheinwirklichkeit des »Ich« führen. Die Meditationsübungen gliedern sich in die Vorbereitung zur Meditation, die Überwindung der Hindernisse und die Erlangung vollkommener Sammlung (Samadhi) durch stufenweise meditative Versenkung (vier Jhana); geschult werden Achtsamkeit und Bewusstheit, die alles Tun und Lassen begleiten sollen.
 
Auch im (monistischen) Hellenismus spielte die Meditation eine große Rolle, die besonders im Neuplatonismus begründet wurde, dem es darum ging, hinter der Vielheit und den Divergenzen der kosmischen Realität deren letztes und eines Sein zu erfahren.
 
Ein anderer Typ von Meditation hat sich in den monotheistischen Religionen ausgebildet, die in der Meditation eine Einheit des personalen Menschen mit dem personal gedachten Gott anstreben (ausgedrückt in den Bildern liebender Vereinigung partnerschaftlicher Art: »Bund«, »Ehe«, »Gehorsam«, »Treue«), dabei aber Geschichte und das individuelle Selbst nicht aufheben wollen. Deswegen spielt hier das Betrachten geschichtlicher Ereignisse oder von narrativen Stoffen (z. B. die Geschichte Israels, Jesu Christi, Mohammeds oder von Heiligen) eine größere Rolle. In der christlichen Tradition haben sich beide Typen von Meditation miteinander verbunden: v. a. durch den (eher monistischen) Einfluss des neuplatonischen Denkens wurden - besonders im Mönchtum und in der Mystik - Motive der Abkehr von Welt und Leib mit der Meditation des Lebens Jesu Christi (und der Heiligen) verknüpft. Die im Mönchtum gepflegte Meditationspraxis wurde im Mittelalter vom Klerus übernommen und fand allmählich Eingang auch in Laienkreise. Im katholischen Raum hat v. a. die Spiritualität der Jesuiten zu einer allgemeinen Verbreitung der Meditationspraxis beigetragen (Exerzitien), während sie in den evangelischen Kirchen erst in jüngerer Zeit Bedeutung gewonnen hat.
 
Meditation ist Bestandteil des Lebensalltags vieler alternativer Gruppen in den westlichen Industrienationen (New Age), wobei nicht nur an die christlichen Traditionen angeknüpft wird, sondern auch Impulse aus der Meditationspraxis östlicher Kulturen (z. B. Zen-Buddhismus) aufgenommen werden. - Entspannungstechniken der Meditation (z. B. Yoga, autogenes Training, Superlearning) werden auch therapeutisch zur allgemeinen Harmonisierung und Kräftigung des Organismus, zum Ausgleich gegen Stress und zur Leistungssteigerung eingesetzt.
 
 
K. Engel: M. Gesch., Systematik, Forschung, Theorie (1995);
 A. u. W. Huth: Hb. der M. (21996).
 

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Me|di|ta|ti|on, die; -, -en [lat. meditatio = das Nachdenken, zu: meditari, ↑meditieren]: 1. (bildungsspr.) [sinnende] Betrachtung: religiöse, geistreiche -en; Die Fanfaren von der Piazzetta rissen Fabio aus seiner M. (Andersch, Rote 173); ein Mann ... unbeweglich, gesenkten Kopfes, als wäre er in M. verfallen (Welt 22. 6. 65, 7); in M. versinken. 2. (Rel., Psych., Philos.) mystische, kontemplative Versenkung.

Universal-Lexikon. 2012.

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